Die Macht der Daten

“The world’s most valuable resource is no longer oil, but data” schrieb der IT-Experte und Gründer der Data Management-Company Igneous, Kiran Bhageshpur 2017 in einem Artikel für den Economist. Tatsächlich ging es vor wenigen Jahren noch um die schiere Menge der Daten. Wer viele Daten sammelt, so die gängige Vorstellung, gewinnt Vorteile im Wettbewerb. Dem entgegen standen Bedenken, beispielsweise rund um das Thema Datenschutz und das Vorurteil, Daten wären nur etwas „für die Großen“.

Die aktuelle technologische Entwicklung hat jedoch der Anwendung von Daten eine völlig neue Dimension gegeben.

Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz oder „Machine Learning“ können Daten so gefiltert, geprüft, verarbeitet und zueinander in Beziehung gesetzt werden, dass sie gerade kleinen und mittleren Unternehmen und Organisationen helfen, ihr Geschäft zu optimieren und im Wettbewerb zu bestehen. Viele touristische Akteure sind heute schon mehr datenbasiert unterwegs, als sie selbst ahnen. Sie sind ganz unbewusst bereits Teil einer umfassenden digitalen Welt geworden.

Jetzt kommt es für sie darauf an, selbst den Kurs auf dieser digitalen Reise zu bestimmen.

Marktveränderungen

Im klassischen touristischen Marketing versuchten die Anbieter, ihre Zielgruppe zu erreichen – oft mit großen Streuverlusten, beispielsweise mit Anzeigen für Ferienwohnungen in lokalen Tageszeitungen. Heute sind es immer häufiger die globalen Online Travel Companies (OTC), die ihre potenziellen Kundinnen und Kunden bereits kennen und ihnen aus dieser Kenntnis heraus passende Angebote gezielt offerieren – vorausgesetzt, sie finden diese Angebote. Ihre digitalen Services prägen dann das gesamte Reiseerlebnis – von der Inspiration über die Reservierung sowie nützliche und sicherheitsrelevante Informationen während der Reise bis zum Teilen von Erlebnissen mit Freunden (Weiterempfehlung).

Nur, wer die Sprache der neuen Technologien versteht und spricht, wird von der digitalisierten Reisebranche profitieren.

Veränderte Kundengewohnheiten

Denn nicht nur die technologischen Möglichkeiten der Vermarkter entwickeln sich dynamisch. Auch die Reisenden haben ihre Konsumgewohnheiten längst den neuen digitalen Möglichkeiten angepasst.

So prägt die menschliche Sprache als natürliche Form der Kommunikation zwischen Menschen auch die Kommunikation zwischen Menschen und digitalen Geräten – in Form von Sprachassistenten, Chatbots usw. Schon 2024 soll es weltweit mehr Sprachassistenten als Menschen geben. Diese Technologie ist jedoch auf lernfähige Software angewiesen und das wiederum verlangt eine Verfügbarkeit entsprechend aufbereiteter (semantischer) Daten.

Der digital vernetzte Gast

Unterwegs auf Reisen können Smartphones heute schon eine Art Generalschlüssel für Informationen und Dienstleistungen sein.

Die Verknüpfung des im individuellen Smartphone gespeicherten Buchungsvorgangs mit den dort hinterlegten persönlichen Daten (z.B. Impfstatus), mit aktuellen Standort-, Wetter-, Verkehrsinformationen und dem Navigationssystem im Auto bahnt beispielsweise eine staufreie Anreise aus dem Umland bis zum Bahnhof im Zentrum der Stadt. Auf Zuruf wird unseren Reisenden eine freie Ladestation für das E-Auto zugewiesen. Im Zug müssen Passagiere zur Ticketkontrolle ihr Smartphone gar nicht mehr auspacken, weil sie per automatischem Check-in identifiziert wurden.

Immer mehr Möglichkeiten digitaler Unterstützung bieten den Reisenden mehr Komfort, Sicherheit, Nachhaltigkeit, Individualität und Erlebnis, wenn der Wanderer zum Bauernhof mit dem geöffneten Gutsausschank geführt, dem Autofahrer ein interessantes Museum nahe seiner Route angezeigt oder eine alternative „Schönwetterroute“ empfohlen wird.

Der Knowledge Graph, dessen Entwicklung von der DZT koordiniert wird, ist ein Projekt für die gesamte deutsche Tourismuswirtschaft. Denn die Idee, touristische Angebote global auffindbar zu machen und erfolgreich zu vermarkten und qualitativ hochwertige Services vor Ort zu entwickeln funktioniert nur, wenn eine sehr breite Basis von Daten für den Knowledge Graph zur Verfügung steht.

Im ersten Schritt wurden bereits Daten aus dem Bereich Point of Interest (PoI – Sehenswürdigkeiten), Touren (Rad- und Wandertouren) sowie Events (Veranstaltungen) aufgenommen.

Informationen zu Unterkünften, Gastronomie, Städten und buchbaren Angeboten können seit Meilenstein 2 direkt importiert und damit fortlaufend aktualisiert werden. Voraussetzung ist natürlich, dass diese in hoher Qualität, sprich Aktualität zur Verfügung stehen.

Stories (Text, Bild- und Audiodateien) sowie Geschäfte und Personen können bis zu dem Livegang im Januar 2023 integriert werden.

Noch mehr Nutzwert kann der Knowledge Graph durch die Verknüpfung mit weiteren relevanten Informationen entfalten, beispielsweise ÖPNV-Fahrpläne, Wetter- und Verkehrsinformationen und viele weitere. Dazu ist die DZT im intensiven Kontakt mit Drittanbietern.

Natürlich sind viele dieser Informationen auf Webseiten hinterlegt oder in Apps verfügbar. Zum Komfortanspruch der Gäste gehört aber auch, dass sie unterwegs nicht ständig zwischen verschiedenen Kanälen hin- und herwechseln wollen, wenn eine komplexe Anwendung viele Services miteinander verbindet. Google hat bereits mit sogenannten „Search Widgets“ eine Lösung entwickelt, die ständig Informationen aus verschiedenen Apps im Hintergrund sammelt, aktualisiert und dem Nutzer gebündelt zur Verfügung stellt.

Um zunächst einmal den riesigen und sich ständig verändernden Datenschatz zu heben und zu strukturieren, arbeitet die DZT eng mit den Landesmarketingorganisationen (LMO) und Magic Cities (MC) zusammen. Sie kennen die Angebote und Partner vor Ort und stellen den Datentransfer zwischen den Dienstleistern, die Daten importieren und den Partnern sicher. Nur so kann der Knowledge Graph auf eine möglichst breite Basis gestellt werden. Die Koordination über die Tourismusorganisationen der Bundesländer sichert die technologische Kompetenz bis in die Destinationen hinein, zugleich ermöglicht sie Chancengleichheit der Länder im Wettbewerb.

Datenfluss für den Knowledge Graph des Deutschlandtourismus

Viele LMOs haben bereits die Chancen und Herausforderungen strukturierter Daten erkannt und entsprechende Datenbanken aufgebaut. Über den aktuellen Status für das eigene Bundesland kann man sich hier aktuell informieren.

Touristisch relevante Unternehmen sowie Destinationsorganisationen können ihre Daten den LMO zur Verfügung stellen. Diese Inhalte werden entsprechend aufbereitet und über eine direkte Schnittstelle mit dem Knowledge Graphen verbunden.

Wie geht es weiter?

Einen praxisnahen Einstieg in die Open Data-Welt bietet die Wissensplattform der DZT mit der kompakten Übersicht 10-Tipps-fuer-Open-Data. Hier erfährt man alles Notwendige, was für die ersten Schritte erforderlich ist.

Im zweiten Quartal 2022 ist geplant, den Knowledge Graph für die deutsche Tourismuswirtschaft zu öffnen. Sicher ist heute schon: Je mehr Daten jetzt zur Verfügung stehen, umso besser kann ein Produkt dann präsentiert werden.

Der Knowledge Graph versammelt nicht nur mehrere Datenbanken unter einem Dach. Er ermöglicht durch die Verknüpfung einzelner Daten eine bisher nicht gekannte Qualität von Services für den Gast und Mehrwert für alle touristischen Unternehmen vom Hofladen bis zum Staatstheater.

Aus der Vielschichtigkeit der Daten können Wirtschaftsunternehmen neue Geschäftsideen entwickeln, von denen alle Beteiligten in der Tourismusbranche profitieren.

Portrait Asger Schubert

Asger Schubert

madkomPR

Asger Schubert arbeitet seit mehr als 20 Jahren als PR-Berater und PR-Redakteur für Unternehmen und Organisationen in der Tourismusindustrie, im Luftverkehr, Standortmarketing sowie in der Technologie- und Dienstleistungsbranche. Nach Führungspositionen in mehreren großen Agenturen – unter anderem zehn Mal Touristik-PR-Agentur des Jahres – gründete er 2013 madkomPR.