Der Lübecker Bucht Guide.

Wo finde ich alles zu meiner Urlaubsregion aus einer Hand, am besten ergänzt durch Echtzeitinformationen? Was kann ich in meiner Nähe erleben und unternehmen? Wann finden die nächsten Veranstaltungen statt, die zu mir passen? Mit diesen gängigen Fragestellungen der Einheimischen und Gäste, haben wir uns 2018 auf den Weg begeben, den hochwertigen Service unserer Tourist-Informationen in digitaler Form anzubieten – und das möglichst einfach.

Daraus ist 2019 der „Lübecker Bucht Guide“ – unser digitaler Urlaubsbegleiter vor Ort entstanden.

Flyer Lübecker-Bucht-Guide

Das Angebot orientiert sich an den Bedürfnissen der Menschen vor Ort in Form von kompaktem Urlaubs-Knowhow, mit dem sich die kommenden Tage optimal gestalten lassen. Die wesentlichen Funktionen des Lübecker Bucht Guides sind somit der direkte Zugriff auf Points-of-Interests (Stand Februar 2021: > 1.600 POI‘s) in der Nähe (entfernungsabhängig basierend auf dem durch GPS ermittelten Standort des Nutzers), der Veranstaltungskalender, eine interaktive Karte, Rad- und Wandertouren, sowie eine Merkliste, mit der sich alle Elemente gezielt den eigenen Wünschen entsprechend abspeichern lassen.

Die gesamte Entwicklung erfolgte konsequent durch „die Brille des Gastes“ und stellt alles andere zurück, was als störend empfunden wird, wie beispielsweise plakative Werbeflächen. Die intuitive Nutzerführung und die Reduktion auf das Wesentliche, zahlt auf die „User Experience“ ein und wird meist – so wie auch im Fall des Lübecker Bucht Guides– durch eine hohe Akzeptanz honoriert.

Mindestens genauso wichtig ist eine geringe Einstiegshürde, die durch die Umsetzung als „Progressive Web App“ (PWA) erfolgt. Hierbei handelt es sich um einen Ansatz, der durch die großen Technologietreiber einschließlich Google, in den letzten gut drei Jahren stark forciert wurde, und der als Nachfolger nativer Apps gehandelt wird.

Der Vorteil: Über den Aufruf einer normalen URL in einem beliebigen Browser gelangt der Nutzer zu etwas, das aussieht wie eine App und sich mit den gewohnten Bedienmustern steuern lässt. Nur entfällt der „Umweg“ sich in den App-Store zu bewegen, nach der richtigen App zu suchen und diese zu installieren. Gleichzeitig bietet die PWA in der Entwicklung alle Vorteile, die bisher ihrem nativen Vorgänger vorbehalten war.

Allem voran der Zugriff auf die Hardware des Smartphones des Nutzers, wie etwa dem GPS-Sensor – mit dem im Lübecker Bucht Guide die bereits erwähnte präzise, entfernungsabhängige Auflistung der POIs überhaupt erst möglich wird.

Die Datengrundlage

Die Gestaltung der Oberfläche ist mit ihren Funktionalitäten das eine, das Andere ist naturgemäß die Informationsbeschaffung. Inhaltlich deckt das System aktuell gut 50 km Küstenlinie entlang der Lübecker Bucht und mehrere Quadratkilometer in Richtung Binnenland ab. Die Anbindung weiterer Gebiete im Laufe der Saison 2021 ist bereits umgesetzt. In Zahlen sind das 17 Ostseeorte in sieben Gemeinden betreut durch fünf kommunale Tourismusorganisationen – jede mit ihren einzigartigen Besonderheiten und zahlreichen unterschiedlichen Content-Management-Systemen (CMS). Allein diese Kooperation ist für sich gesehen ein vorher nie da gewesener Erfolg und garantiert eine Informationsdichte, bei der kein vorhandenes Printprodukt mithalten kann.

Dem Gast wird als Außendarstellung ein einheitliches Erlebnis präsentiert. Daher soll der Content optisch und von der Tonalität wie aus einem Guss wirken und das mit den vom Nutzer als selbstverständlich erachteten null Latenzen bei der Ladezeit.

Die Lösung: Eine neu programmierte „Middleware“ zwischen den APIs der einzelnen CMS der Orte, diverser Dritt-Lieferanten (z.B. windfinder.com) und der PWA. Das System sammelt alle notwendigen Daten, vereinheitlicht sie („matching“), gleicht den Cache für die ebenfalls vorhandene Offline-Funktionalität und die Ausfallabsicherung einer Datenquelle ab und gibt sie als gebündelte Information zur Ausgabe an den Lübecker Bucht Guide wieder ab.

Aus Zeitgründen und aus Rücksicht auf die über Jahre gewachsenen Strukturen wurde die Handhabung jetzt noch nicht weiter angepasst, sondern sichergestellt, dass die teilnehmenden Orte weiterhin wie gewohnt ihre Daten einpflegen können und das einheitliche Regelwerk für alle Contentmanager minimal ausfällt. So gibt es jetzt im Hintergrund umfassende Mechanismen zum Abgleich der Daten, die bei jeder Änderung im Ursprung auch in der Middleware nachjustiert werden müssen. Die Auswirkungen einer Individualisierung in der CMS-Welt auf den „Lübecker Bucht Guide“ sind also stets im Vorfeld zu bedenken.

Langfristig wird angestrebt, das Matching über eine Vereinheitlichung der Content-Management-Systeme direkt in den Orten zu vereinfachen. Zudem trägt die Einführung gemeinsamer Standards (z.B. eine einheitliche Auszeichnung nach Schema.org) künftig maßgeblich zu einer Qualitätssteigerung bei gleichzeitiger Entschlackung der Prozesse bei.

Datenarchitektur Strandticker

Im Hinblick auf die Zukunft wurde bei der Programmierung der Middleware drauf geachtet, dass ein künftig existierender Open Data Knowledge Graph die zahlreich angebundenen Einzelschnittstellen ablösen könnte.

Ohnehin ist der „Lübecker Bucht Guide“ mehr als die Summe seiner Eigenschaften. Als Individualentwicklung „von Touristikern für Touristiker“ hat er sich durch seinen modularen Aufbau und dem Einsatz zukunftsweisender Technologien zu einer eigenen Technologieplattform entwickelt. Im Fokus stand dabei von Anfang an die langfristige Verfügbarkeit und Wartbarkeit des Produktes. Diese lässt sich nur erreichen, wenn es eine möglichst minimalistische Kernkomponente gibt, quasi eine zentrale Steuereinheit, um die autarke Erweiterungen herum programmiert werden. Wird ein einzelnes Element später nicht mehr gebraucht, lässt es sich, aufgrund der zentralen Anbindung über den Kern und der geringen Querverflechtungen, einfach wieder rauslösen. Gleichzeitig lassen sich Neuentwicklungen über diesen Weg auch problemlos anbinden. Zwar erhöht sich so der Aufwand, da die Daten gegebenenfalls einen kleinen Umweg nehmen müssen, aber im Hinblick auf die technische Stabilität und beständige Handhabbarkeit für die Programmierer ist es das allemal wert. Für zukünftige Gäste-Services ist somit bereits ein regional in der Breite sehr gut akzeptiertes Ökosystem entstanden. Somit kann auf Einzelfalllösungen unterschiedlicher Anbieter verzichtet werden. Bestenfalls werden deren Systeme ‚unter der Oberfläche‘ angedockt und dem Nutzer so in der gewohnt einheitlichen Oberfläche zugänglich gemacht („One-Stop-Shop“).

Der Strandticker

Ein besonderes Spinn-Off dieser Möglichkeit gab es bereits: Mit dem 2020 als „Strandticker“ oder auch „Strandampel“ bekannt gewordenen System, entstand an der Lübecker Bucht ein vollkommen neuartiger Service. Mit Hilfe von Sensoren – automatischen, aber auch menschlicher Natur – konnten sich Tagegäste, Urlauber und Einheimische erstmals in Echtzeit in der PWA über die Auslastung der Strände und punktuell auch der Parkplätze informieren. Und zwar bevor sie sich auf den Weg gemacht haben und auch um während ihrer Anreise einen weniger stark frequentierten Abschnitt gezielt ansteuern zu können.

Der Strandticker auf einem Smartphone mit Strand im Hintergrund

In dem von Corona geprägten Sommer 2020 konnte der Strandticker so einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, den Menschen Informationen zum Einhalten von Abstands- und Hygieneregeln zu liefern. Der Mehrwert wurde schnell erkannt und so griffen vom Start des Systems im Juli 2020 bis zum Oktober rund 410.000 „unique Visitors“ auf den Service zu und bewirkten fast 4 Millionen Seitenaufrufe – wohl gemerkt für ein Produkt, das vorher nicht existierte.

Diese Leistung blieb nicht im Verborgenen: Im Dezember 2020 wurde der Lübecker Bucht Guide mit seinem Strandticker zusammen mit einem Schwesterprojekt aus St. Peter-Ording gleich doppelt ausgezeichnet und erhielt in der Jury-Wertung den 2. Platz, sowie zusätzlich den Publikumspreis des „Deutschen Tourismuspreises 2020“ .

Ein Ausblick

Nun geht die Reise weiter. In der kommenden Zeit ist u.a. geplant, die vorhandenen und in Zeitreihen gespeicherten Echtzeitdaten aus den Besucherfrequenz- und Parkplatzsensoren mit weiteren Werten (Wetter, Ferien, etc.) anzureichern und so zu Prognosen und Empfehlungen für den Nutzer zu gelangen. Denkbar wäre zudem Inhalte auf Basis individueller Präferenzen auszuspielen. Familien suchen traditionell kinderfreundliche Angebote, während sich Paare häufig nach etwas mehr Ruhe und Wellness sehnen. Mittels KI ließen sich solche Tendenzen sogar ohne die direkte Abfrage personenbezogener Merkmale durch den Nutzer herleiten.

Wenn nun noch zunehmend Inhalte abseits des Strandes hinzukommen, entwickelt sich nach und nach eine Strahlkraft in Richtung Binnenland, das im Vergleich zur Küste häufig weniger stark frequentiert ist. Urlaubsgäste könnten gezielt auf Angebote in einigen Kilometern Entfernung aufmerksam gemacht werden, wenn die Daten eine hohe Auslastung mit Tagesgästen vermuten lassen.

Besucherlenkung

Damit hat die qualitative und zunehmend individuelle Information der Gäste in der Lübecker Bucht und darüber hinaus, sowie die damit einhergehende Lenkung von Besucherströmen in unserer stark frequentierten Destination endgültig einen strategischen Status erreicht . Mit dem weiteren Ausbau des bisher Erreichten, sind wir nach unserer Überzeugung auf einem guten Weg, Mehrwerte für alle zu schaffen – Einwohner, Zweitwohnungsbesitzer, Urlauber und Tagesgäste.

  • Die Umsetzung der sensorgestützten Ermittlung von Parkplatzbelegung und der Auslastung der Strände und der Programmierung des dazugehörigen Strandtickers wurden durch Fördermittel seitens des Landes Schleswig-Holsteins und des Bundes unterstützt.

Portrait Paul Stellmacher

Paul Stellmacher

Tourismus-Agentur Lübecker Bucht AöR (TALB)

Paul Stellmacher ist verantwortlich für die strategische Tourismusentwicklung im Bereich der Digitalisierung bei der TALB.