Das Fundament der digitalen Destination.

Die Dateninfrastruktur ist das Fundament, auf dem eine digitale Destination aufbauen kann. Die Qualität der Daten entscheidet darüber, wie digitale Anwendungen in Verbindung mit der digitalen Ausstattung in der Destination eingesetzt werden können. Ein Infoscreen in einer Touristeninformation ist immer nur so gut wie die Datenqualität, die den Gästen geboten wird.
Eine hohe Datenqualität ist daher wie eine Referenz für den digitalen Reifegrad der Destination zu betrachten. Die DMO müssen also dafür Sorge tragen, dass alle touristisch relevanten Daten wie Angaben zu POI, Events, Preisen oder zu Öffnungszeiten von Ausflugszielen auf allen Kanälen zu den Gästen gelangen können. Über die Qualität der Dateninfrastruktur entscheidet sich, wie gut oder schlecht die Destination von Gästen digital wahrgenommen wird. Um hier ein gutes Ergebnis zu erreichen, ist es erforderlich, dass Daten auf eine bestimmte Art und Weise aufgearbeitet werden.

Dateninfrastruktur als Fundament für digitale Anwendungen

Die Dateninfrastruktur ist das Fundament, auf dem digitale Anwendungen und die digitale Ausstattung in der Destination aufbauen.

Anforderungen an eine digitale Dateninfrastruktur

Eine digitale Dateninfrastruktur stellt verschiedene Anforderungen an diejenigen Daten, die Gästen zur Verfügung stehen sollen. Im Kern müssen sieben Kriterien erfüllt sein:

  • Offenheit
    Die lizenzrechtlichen Fragen müssen geklärt werden. Das bedeutet, dass neben Texten auch für Bilder, Videos oder Audiodateien geklärt werden muss, wer welche Rechte woran hat. Sie müssen dann auch entsprechend ausgewiesen werden, damit die weitere Nutzung klar ist.

  • Strukturierung
    Daten müssen in einer spezifischen Art vorgehalten werden, damit sie von Maschinen und Menschen interpretiert werden können. Eine im Tourismus etablierte Form der semantischen Auszeichnung ist die nach schema.org und nach seinen erweiterten Domain Specifications, die von der Open Data Tourism Alliance kontinuierlich weiterentwickelt werden.

  • Vernetzung
    Daten müssen zueinander in Beziehung gesetzt werden. Dies geschieht mittels ihrer semantischen Auszeichnung, sodass Verbindungen über Angaben wie Geokoordinaten usw. hergestellt werden, damit die Gäste auf Wanderrouten beispielsweise die wichtigsten Sehenswürdigkeiten (POI) oder Restaurants für Pausen direkt identifizieren können.

  • Richtigkeit
    Daten, die Gästen in unterschiedlichen Ausgabeformaten und zur Nutzung in unterschiedlichen Kontexten zur Verfügung stehen, müssen korrekt sein, damit die Gäste sich auf diese Daten verlassen können.

  • Aktualität
    Daten, die sich dynamisch ändern, müssen so vorgehalten werden, dass sie kontinuierlich abgerufen und aktualisiert werden können. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn sie in unterschiedlichen Anwendungen zur Verfügung stehen, bei denen der Datenimport ggf. über Schnittstellen realisiert werden muss.

  • Vollständigkeit
    Daten müssen umfassend vorgehalten werden, damit Fragen der Gäste beantwortet werden können. Liegen für ein Ausflugsziel zwar Beschreibungstexte und Bilder, aber keine Informationen über die Öffnungszeiten und Preise vor, so kann dies für Gäste unbefriedigend sein, denn sie müssen diese Informationen dann gegebenenfalls zusätzlich recherchieren.

  • Hochwertigkeit
    Nicht zuletzt sollten insbesondere Beschreibungstexte, Bilder, Videos und andere redaktionelle Daten hochwertig sein, damit die Qualität der jeweiligen touristischen Attraktion innerhalb der Region auch entsprechend von den Gästen wahrgenommen wird.

Digitale Anwendungen zur Ausspielung der Daten

Die Daten sollten so aufgearbeitet werden, dass sie unabhängig vom Ausgabekanal ausgespielt werden können.

Die Anforderungen an Daten sind oft nur mit entsprechendem Aufwand zu erreichen. Selten liegen sie schon so vor, dass sie unmittelbar allen erdenklichen Anforderungen von eigenen und fremden Ausgabekanälen entsprechen. Daher ist es für die DMO wichtig zu wissen, welche Daten bereits in welcher Qualität wo vorliegen und welchen Mehrwert sie bieten. Anschließend werden Prioritäten in der Aufarbeitung der Daten gesetzt. Sinnvoll ist es somit, wenn die Steigerung der Datenqualität an konkrete digitale Anwendungsfälle – wie etwa die Darstellung aller Wanderrouten in einer Region für bestimmte Gästegruppen – geknüpft wird. Gleichwohl bleibt es das Ziel, dass die Daten unabhängig vom Ausgabekanal weiter genutzt werden können, um so eine höchstmögliche Sichtbarkeit zu schaffen. Datenqualität und Datenarchitektur stehen somit im Fokus bei der Etablierung einer digitalen Dateninfrastruktur.
Wenn Daten einheitlich gepflegt und hochwertig aufbereitet werden, können dafür digitale Services etabliert werden. Diese Anwendungen können mit Daten aller Akteure angereichert und auch von allen genutzt werden. Beispiele solcher Anwendungen sind Widgets, mit denen standortspezifische Informationen geliefert werden und die beispielsweise Hotels oder Touristeninformationen nutzen können, um ein Informationsangebot direkt am Standort auf einem Touchscreen anzubieten. Auch die Integration in die jeweilige Website ist möglich, um Gästen Ausflugstipps in der Region zu offerieren – ohne die Daten dabei selbst pflegen zu müssen.
Zudem sollten die Daten an externe Dienstleister weitergegeben werden können, um eine möglichst hohe Sichtbarkeit zu erreichen. Außerdem sollten das Verbundprojekt Open Data der DZT, die LMO und die Magic Cities die Daten erhalten.

Die Datenaufbereitung kann an konkrete digitale Anwendungen geknüpft werden, die von den Akteuren in einer Region personalisiert und gemeinschaftlich genutzt werden können.

Datenintegration und Datenfluss

Für die Entwicklung moderner digitaler Services ist die Integration unterschiedlicher Datenquellen erforderlich. Innerhalb einer Anwendung sind externe Datenquellen wie Karten und aktuelle Wetterberichte meist die Grundlage, auf der weitere Funktionen aufsetzen, die zusätzliche Daten erfordern. Hilfreich können hier zum Beispiel die Daten öffentlicher Verwaltungen wie die Kartierung von öffentlichen Toiletten, Badestellen, Alleestraßen und vielem mehr sein. Die Datenqualität kann sich dabei regional sehr unterscheiden, weshalb eine Analyse des Datenbestands und ein Austausch mit den Akteuren, die die Daten vorhalten, sehr empfehlenswert sind. Aber auch globale Projekte wie die Linked Open Data Cloud oder Wikipedia halten mitunter sehr gute Datenbestände vor, die genutzt werden können.
Bei der Integration der Daten ist das primäre Ziel, sie einheitlich zu strukturieren und fehlende Angaben so zu ergänzen, dass ihre Qualität weitgehend homogen ist. Im Zuge der Integration werden Besonderheiten und notwendige Ergänzungen bezüglich der Auszeichnung der Daten und ihrer Qualität sichtbar. Hier gilt es dann diejenigen Datensätze, bei denen noch keine zufriedenstellende Qualität vorliegt, zu ergänzen – beispielsweise durch Fotos der beliebtesten Badeplätze.
Zudem können bestehende Schemata, auf denen die Datenbankstrukturen aufbauen, erweitert werden. Wenn etwa das bestehende Schema „Beach“ noch keine Auszeichnung für die Kennzeichnung von Hunde- oder FKK-Strandabschnitten vorsieht, so sollte dies ergänzt werden. Dabei ist zunächst zu recherchieren, ob es bereits entsprechende Erweiterungen in anderen Bundesländern zum jeweiligen Schema gegeben hat und ob auf ihnen aufgebaut werden kann. Hierzu werden künftig entsprechende Hilfsmittel zur Verfügung gestellt. Die Kommunikation dazu läuft über diese Webseite.

Im Zuge der Datenaufbereitung können bestehende Schemata ergänzt werden, sodass sie an den Bedarf der jeweiligen Region angepasst werden können.

Klare Verantwortlichkeiten bei der Datenpflege

Die Koordination dieser Prozesse erfordert klare Verantwortlichkeiten. Hier ist es hilfreich, zwischen den vier Ebenen Leistungsträger (1.), Orte (2.), Regionen und Städte (3.) sowie Bundesland (4.) zu differenzieren. Hinzu kommt durch die Initiative der DZT eine Bundesebene.

  1. Gastgeber und andere touristische Betriebe: Sie sind aufgefordert, Basisdaten wie Öffnungszeiten oder Geokoordinaten zu pflegen, was sie ohnehin bereits für die Sichtbarkeit bei Google tun sollten.
  2. Ortsebene: Innerhalb eines Ortes sollten die Basisdaten der lokalen Sehenswürdigkeiten (POI) gepflegt werden, damit können auch diese öffentlichen Attraktionen digital abgebildet werden.
  3. Regionen und Städte: Auf dieser Ebene sollte der Schwerpunkt auf ortsübergreifenden Inhalten liegen wie Routen und Touren für Wanderer und Radfahrer.
  4. Landesebene: Das Bundesland steht in engem Kontakt mit dem Open-Data-Projekt und koordiniert daher die Prozesse. Von hier aus können Impulse an die anderen Ebenen weitergegeben werden. Das Bundesland kann sie außerdem unterstützten, etwa durch aufwendig zu erstellende Inspirationsdaten wie Fotos und Videos.

Wichtig ist bei der Definition der Verantwortlichkeiten, dass es jeweils nur eine Zuständigkeit für die jeweiligen Daten gibt. Zudem muss festgelegt werden, in welchem System genau die Daten eingegeben werden und wie sie dann weitergenutzt werden können. Ziel ist die Nutzung von Synergien und das Vermeiden einer redundanten Pflege der Daten.

Datenintegration und Datenfluss

Bei der Datenpflege sollte klar definiert werden, wer welche Daten pflegt, um Redundanzen zu vermeiden und Synergien zu nutzen.

Zur Eliminierung redundanter Datensätze (Doubletten) und zur Etablierung eines Qualitätschecks der Daten können Heuristiken entwickelt werden, die dabei helfen, denjenigen Datensatz auszuwählen, der besser ist. Falls unterschiedliche Angaben zum selben Objekt in verschiedenen Datensätzen jeweils besser gepflegt sind, empfiehlt es sich, sie zu fusionieren. Jene Datensätze, die vorab definierte Mindestanforderungen nicht erfüllen, werden gar nicht erst ins System übernommen. Damit diese Mindeststandards eingehalten werden, können auch verpflichtende und optionale Datenfelder festgelegt werden.

Ziel ist die Etablierung eines vollständigen und aktuellen Datenbestands, der sowohl für eigene Anwendungen als auch für die Überführung in einen Knowledge Graph für den Deutschlandtourismus genutzt werden kann. Von ihm aus können die Daten dann abgerufen und für etwaige Anwendungen eingesetzt werden, die für die Destinationen benötigt werden. Der Vorteil ist dabei, dass Datenbestände so nicht mehr für jede Anwendung einzeln aggregiert werden müssen, sondern bereits entsprechend aufgearbeitet und zentralisiert auf Deutschlandebene allen touristischen Akteuren vorliegen.

Eine offene Multimediadatenbank

Die hochwertige und umfassende Aufbereitung von Daten wie Fotos, Videos oder Podcasts kann eine Herausforderung darstellen. Auf Landes- oder Regionalebene ist dafür ein Datenbanksystem empfehlenswert, in dem multimediale Inhalte gebündelt vorgehalten werden. Wichtig dabei ist es, dass in einer solchen Datenbank auch die Metadaten der Medieninhalte mithilfe von schema.org beschrieben werden. Hierzu zählen neben der Angabe der Lizenz (Creative Commons, Open Content und andere) auch Geokoordinaten, Titel und Beschreibung des Videos oder Bildes, der Urheber usw. So sind die Medieninhalte maschinenlesbar und die Bedingungen für die weitere Nutzung sind eindeutig definiert. Die Metadaten liegen dann in einer für den Knowledge Graph des Deutschlandtourismus kompatiblen Form vor und können dort mit Verlinkungen auf die Mediendateien eingebunden werden.

Offene Multimediadatenbank

Eine solche Datenbank kann als Service gesehen werden, der für Leistungsträger und auf Ortsebene die Möglichkeit bietet, auf eine Vielzahl unterschiedlicher (multimedialer) Inhalte zuzugreifen und sie auch für die eigenen Kanäle zu nutzen. Gleichzeitig können eigene Inhalte dort eingepflegt werden, damit sie eine höhere Verbreitung erhalten. Über eine Mandantenfunktion können die Partner direkt auf die Datenbank zugreifen und sie bei Bedarf auch als Plattform für die eigenen Daten nutzen. Im Idealfall wird hierfür eine integrierte Lösung eines technischen Dienstleisters genutzt, damit neben den Medieninhalten auch alle anderen Daten, z. B. zu Events oder POI konsolidiert und so direkt die doppelte Pflege von Datensätzen und Redundanzen vermieden und Synergien genutzt werden. Beim Aufbau eines solchen Systems ist darauf zu achten, dass nutzungs- und haftungsrechtliche Fragen vorab und während des Betriebs klar geregelt sind, damit eine gemeinsame Nutzung störungsfrei möglich ist. Das Vorhalten hochwertiger Multimediainhalte hat daneben einen unmittelbaren Zusatznutzen in Suchmaschinen, da über offene und vollständig ausgezeichnete Medieninhalte die Sichtbarkeit bei Google und Co. steigt.

Zentrale Erkenntnisse

  • Die Dateninfrastruktur ist das Fundament der digitalen Destination, auf dem andere digitale Infrastrukturelemente aufbauen können.

  • Eine gute Dateninfrastruktur ist eine wichtige Referenz, nach der Gäste den digitalen Reifegrad der Destination bewerten.

  • Damit Daten verlässlich offen genutzt werden können, müssen sie unterschiedliche Qualitätskriterien erfüllen.

  • Daten sollten so aufbereitet werden, dass sie unabhängig vom Ausgabekanal eingesetzt werden können.

  • Das Aufarbeiten von Daten kann an digitale Anwendungen geknüpft werden, die personalisiert in der Destination eingesetzt werden können.

  • Wenn Daten interoperabel aufbereitet werden, können externe Datenquellen nahtlos integriert werden.

Petra Hedorfer, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT)

Eric Horster

Fachhochschule Westküste

Eric Horster ist Professor an der Fachhochschule Westküste im Bachelor- und Masterstudiengang International Tourism Management (ITM) mit den Schwerpunktfächern Digitalisierung im Tourismus und Hospitality Management. Er ist Mitglied des Deutschen Instituts für Tourismusforschung.

Mehr zur Person unter: www.eric-horster.de

Kristine Honig, Tourismuszukunft

Kristine Honig

Realizing Progress

Kristine Honig ist Beraterin und Netzwerkpartnerin bei Realizing Progress (früher Tourismuszukunft). Sie berät und unterstützt touristische Unternehmen bei ihrer Strategie, beim Thema Storytelling und bei der Organisation von Barcamps.

Mehr zur Person unter: https://www.realizingprogress.com/kristine-honig

Elias Kärle, Universität Innsbruck

Elias Kärle

Universität Innsbruck

Elias Kärle ist Wissenschaftler an der Universität Innsbruck. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit Knowledge Graphs, Linked Data und Ontologien. Als Vortragender referiert er meist zur Anwendung und Verbreitung semantischer Technologien im Tourismus.

Mehr zur Person unter: https://elias.kaerle.com/