Viele Studien belegen, dass der Tourismus der Zukunft anders aussehen wird, als wir es uns in der Vergangenheit vorstellten. Die tiefe Zäsur, die Corona für den Tourismus bedeutet, ist nicht einfach zu überbrücken. Das langfristige Ziel ist jedoch bereits in dem Papier „Eckpunkte der Bundesregierung – Orientierungsrahmen für eine nationale Tourismusstrategie“ vom April 2019 beschrieben:
„Wir streben einen Qualitätstourismus an, der im Einklang mit Natur und Kultur lebenswerte Räume schafft und erhält, zur Lebensqualität aller Menschen – Besucher wie Einheimische – beiträgt und das Deutschlandbild im Ausland positiv prägt.“
Der Ausnahmezustand der Corona-Pandemie hat gezeigt, dass Destinationen und Leistungsträger mit guten Ideen und innovativen Ansätzen ihre Angebote und Arbeitsweisen in vielen Bereichen von heute auf morgen umstellen konnten. Wie aber gestaltet man dauerhaft eine moderne, barrierefreie, verlässliche sowie nachhaltige Destination mit einer verlässlichen digitalen Servicestruktur, welche die Bedürfnisse der Reisenden und der Anwohner berücksichtigt?
Wesentliche Eigenschaften der DMO der Zukunft: Zielgerichtet und vernetzt
Die DMO der Zukunft braucht eine normative Zieldefinition davon, wie sie sich weiterentwickeln möchte.
Was ist wirklich wichtig? Was will die DMO für ihre Partner erreichen? Welche Maßnahmen zahlen hierauf in welcher Form ein? Gemeinsame Werte, an denen sich alle Aktivitäten ausrichten, sind hierfür eine wesentliche Grundlage. Die Förderung eines positiven Lebensgefühls der Akteure vor Ort sowie der Einheimischen ist dabei zentral und darf nicht hinter den Bedürfnissen der Gäste zurückstehen. Dies manifestiert sich sehr gut in den drei Ebenen der Nachhaltigkeit: ökologisch, ökonomisch und sozial.
Alle Maßnahmen – im Hinblick auf die eigene Organisation, die Infrastruktur und Mobilität, die Produktentwicklung sowie die Kommunikation – sind an dem gemeinsamen übergeordneten Ziel auszurichten und ständig zu hinterfragen.
Die Destination der Zukunft kann nur gemeinsam gestaltet werden.
Eine integrierte Betrachtung ist notwendig. Die Vernetzung steht im Mittelpunkt: Sowohl von Menschen miteinander – Gastgebende und Gäste, Einheimische und Gäste – , von Angeboten aus dem öffentlichen und dem privaten Sektor sowie von Informationen und Daten. Digitale Technologien unterstützen bei einem großen Teil dieser notwendigen Verbindungen, wobei persönliche und direkte Kontakte nie außer Acht gelassen werden dürfen. Außerdem spielen Offenheit und Neugier in dem Gesamtgefüge der Destination eine übergeordnete Rolle, um diese gemeinschaftlich und sinnstiftend weiterzuentwickeln.
Die Destination von morgen gestalten: Prozess & Transformation
Wie kann der Prozess in Gang gebracht werden? Was ist bei der Transformation wichtig?
Die Digitalisierung des Status quo ist nicht das Ziel. Mit digitalem Besuchermanagement, Augmented Reality, Open Data, Künstlicher Intelligenz, Sensorik usw. stehen viele neue digitale Themen auf der Agenda einer Destination, die neue Denk- und Vorgehensweisen benötigen. Politische Ziele wie Nachhaltigkeit, Teilhabe aller, Gesundheit, die genannte Entwicklung gemeinsamer Werte und nicht zuletzt der Interessensausgleich zwischen Gästen, Leistungserbringern und Anwohnern fordern zudem eine stärkere Vernetzung der Destinationen mit ihren Stakeholdern. Zudem sind digitale Innovationen oftmals datengetrieben und brauchen neue Kompetenzen. Es ist deshalb nötig, auch über einschneidende Veränderungen bei den Tourismusorganisationen nachzudenken, um die Destination mit Blick auf aktuelle und künftige Herausforderungen voranzubringen.
Wird in der Destination zielgerichtet und integrierend gedacht, geplant und gehandelt, ist diese zukunftsfähig aufgestellt und vermittelt ein klares und einheitliches Bild, sowohl nach innen als auch nach außen. Hiervon profitieren alle Beteiligten:
- Die politische Ebene kann sich aufgrund der gemeinsamen Werte und einer darauf basierenden Zielvereinbarung auf die Unterstützung der Akteure verlassen. Passende und sinnstiftende Projekte können schneller in Angriff genommen werden.
- Die Bedürfnisse der Einheimischen rücken verstärkt in den Blick und stehen nicht hinter denen der Gäste zurück. Sie werden gehört und berücksichtigt. Hierdurch steigen Lebensqualität und Zufriedenheit sowie die Offenheit der Bürger, sich in Prozesse vor Ort einzubringen und die Politik und die DMO in ihren Aktivitäten zu unterstützen.
- Gäste nehmen wahr, wenn die Infrastruktur vor Ort durchdacht ist und ihnen ein besonderes Erlebnis bietet. Gleichzeitig führt die Zufriedenheit der Einheimischen zu einem offeneren Umgang mit den Gästen, die sich somit sowohl auf der persönlichen als auch auf der Angebotsebene wohlfühlen.
Die 12 Megatrends und ihr Einfluss auf die DMO und die Destination
Um detaillierter in die Zukunft einzutauchen, helfen die 12 Megatrends des Zukunftsinstituts. Das Zukunftsinstitut versteht diese als langfristige Entwicklungen, die auf allen Ebenen der Gesellschaft wirken. Welchen Einfluss haben diese auf die DMO der Zukunft? Welche konkreten Maßnahmen ergeben sich hieraus?
„Eine Herzensangelegenheit von uns ist es, Ahaus mit digitalen Projekten und Attraktionen zu einer Smart City zu machen, die einzigartig für Bürger und Touristen der Stadt ist. Der Stadtgutschein und der Cityrundgang sind bereits vollständig digitalisiert. Außerdem erleben unsere Besucher viele digital geführte Gastronomien und komplett digitalisierte Betriebe – vom Ruderbootverleih, über den Hofladen, den Spiel- und Sportgeräteverleih oder das Hotel ohne Hotelier.“
Katrin Damme, Wirtschaftsförderin der Stadt Ahaus
Die Tourist-Information am Elisenbrunnen in Aachen wurde 2021 komplett überarbeitet, eine moderne und helle Innenausstattung sowie eine großzügige Sitzinsel prägen den Raum. Persönliche Beratung und digitale Selbstbedienungs-Terminals ergänzen einander ebenso gut wie Souvenirs (Postkarten, Magnete etc.) und Aachener Spezialitäten (Printentee, Dresse Nougat, Domlikör etc.). Besonders hervorzuheben ist die integrierte Kaffeebar „Ferbers im Elisenbrunnen“ mit Außengastronomie. Hier treffen Einheimische und Besucher der Stadt bei Kaffeespezialitäten und regionaltypischem Gebäck aufeinander.
Tourist-Information in Aachen
Kristine Honig
Realizing Progress
Kristine Honig ist Beraterin und Netzwerkpartnerin bei Realizing Progress (früher Tourismuszukunft). Sie berät und unterstützt touristische Unternehmen bei ihrer Strategie, beim Thema Storytelling und bei der Organisation von Barcamps.
Mehr zur Person unter: https://www.realizingprogress.com/kristine-honig