„Unser Ziel: Gute datenbasierte Services für Kunden und Tourismuspartner. Dabei wird Open Data in Zukunft an Bedeutung zunehmen.“
Die Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH (TMB) erhielt 2018 den Deutschen Tourismuspreis für ihr Content-Netzwerk Brandenburg. Zielstellung für diese Datenbank: Digitale Inhalte in hoher Qualität landesweit – und darüber hinaus – bereitzustellen. Wie ist hier der aktuelle Stand?
Zahlen, Daten, Fakten
Das Content-Netzwerk Brandenburg besteht aus…
All diese Daten landen hier:
Fragt man Jan Hoffmann, Leiter Unternehmensentwicklung und Kooperationsmanagement bei der TMB, sieht er unter anderem zwei Elemente als wesentlich für den Erfolg an: „Wir sind einerseits bereits sehr früh mit dem Thema Daten gestartet. Dadurch haben wir zu Beginn unserer Arbeit im Jahr 2001 im Land Brandenburg noch keine heterogene Systemlandschaft beim Datenmanagement vorgefunden. Andererseits arbeiten wir sehr individuell, können innerhalb der Datenbank vieles ganz nach Wunsch unserer Partner anpassen. Eine komplexe Rechtesteuerung und ein echtes Mandantensystem helfen hierbei.“ Benötigt ein Partner beispielsweise das Steuerelement „Dieser Anbieter ist ein Mitglied im Verband.“, wird dieses nicht erst auf der regionalen Ebene hinzugefügt, sondern bereits innerhalb der Datenbank selbst. Gleiches gilt für Kategorien, Zertifikate und ähnliches. Das System ist somit voll individualisierbar.
Gutes Datenmanagement als Basis für Open Data
Die Brandenburger Daten sind zwar bereits nach schema.org ausgezeichnet, werden aber noch nicht als Open Data Hub – wie beispielsweise in Südtirol oder im Salzburger Land – repräsentiert. Was hierfür aktuell fehlt: Die Bildrechte müssen erst in die für Open Data übliche Logik der Creative Commons Lizenzen übertragen werden. Pro Bild ist hier die Information notwendig, wer dieses in welcher Form nutzen darf: nur nicht-kommerzielle oder auch kommerzielle Anbieter, nur im Original oder auch verändert? Hoffmann dazu: „Wir sind dabei, die entsprechenden Verträge zu ändern, die Lizensierung in die Datenbanken einzubauen und vieles mehr. Es wird aber noch eine Zeit dauern, bis die Medienbestände so aufbereitet sind, dass wir sie in einem Open Data Hub anbieten können.“
Dennoch können die Brandenburger Daten bereits jetzt von Externen genutzt werden. Dabei basiert die Nutzung auf Vereinbarungen und individuellen Anpassungen für den jeweiligen Partner. Man könnte also von „controlled und customized Data“ sprechen: Wer die Daten nutzen möchte, wendet sich normalerweise an die TMB und dann wird alles Weitere gemeinsam abgestimmt.
Für Hoffmann ist, schaut er aktuell auf den Tourismussektor, „Open Data erst der zweite oder dritte Schritt nach dem ersten. Man muss da aufpassen, dass man sich da nicht selbst überholt.“, bemerkt er scherzhaft. Es wird viel über Open Data geredet, dabei geht es seiner Meinung nach in erster Linie zunächst um Datenmanagement. Dieses muss sowohl „menschlich“ als auch technisch organisiert werden. „Für mich ist Open Data vor allem eine Ausgabeform von Daten, wenn auch eine sehr spannende.“
Wie können wir bundesweit auf Daten basierende Services aufbauen?
In Brandenburg hat man in den letzten Jahren festgestellt, dass es nicht genügt, wenn nur einzelne Regionen bzw. Bundesländer über gut strukturierte Daten verfügen. Interessierte überregionale Partner können diese oft nicht nutzen, da sie Daten für ganz Deutschland benötigen. Jan Hoffmann deshalb: „Ich würde mir wünschen, dass wir es schaffen, dass sich alle Länder mit den Themen Datenmanagement und gemeinsame Datenstandards befassen. In dem Zusammenhang können wir uns dann auch mit Open Data beschäftigen.“ Hierzu fügt er an: „Im letzten Jahr ist hier sehr viel mit den Partner*innen aus den anderen Bundesländern und der DZT passiert. Das stimmt mich optimistisch.“
Wichtig ist ihm dabei, dass das Thema Daten tatsächlich verstanden wird. „Mit dem Aufbau von digitalen Strukturen ist es wie mit einem Kind – allerdings mit einem, das nie alt wird und aus dem Haus geht.“ Wer digitale Strukturen aufbaut, muss vorher sehr genau über diese nachdenken. Und sich bewusst sein, dass sich Rahmenbedingungen laufend ändern. Die Datenbank muss deshalb immer weiterentwickelt werden, was entsprechende Ressourcen bedingt.
Dabei nicht zu vergessen: der Gast.
Jan Hoffmann meint: „Manchmal wird die Technik vor das Ziel und den tatsächlichen Usecase gesetzt.“ Heißt: zuerst einmal müsse geschaut werden, was die Gäste eigentlich tatsächlich benötigen. Das ist vor allem ein gutes Produkt. Um dieses muss man sich deshalb als erstes kümmern. Denn nur wegen guter Daten hat noch keiner einen Urlaub gebucht. Die Daten können jedoch dafür eingesetzt werden, das Produkterlebnis vor Ort für den Gast zu optimieren.
Um zu schauen, wozu vorhandene Daten dienen können, führt die TMB Testballons durch, beispielsweise im Zusammenhang mit Bewegungs- oder Wetterdaten. Diese Pilotprojekte helfen dabei, konkrete Anwendungsfälle zu verstehen, was besonders für den Ausflugsverkehr (rund 100 Mio. Ausflüge jährlich) interessant ist.
Gleichermaßen treibt die TMB das Thema Individualisierung um. Welche Inhalte können für den Gast bereits vorgefiltert werden – welche sollte dieser besser selbst filtern? „Das Thema, wie wir Websites individualisieren können, verfolgt mich bestimmt schon seit 15 Jahren.“ Die Infoterminals, welche in Brandenburg die Daten des Content-Netzwerks Brandenburg ausspielen, könnten die Inhalte nach einer soziodemografischen Einordnung des Nutzers anzeigen. „Ob wir für die Kunden so tatsächlich den Service verbessern können, testen wir gegenwärtig. Natürlich werden Inhalte basierend auf der Location des Infoterminals angezeigt. Kriterien wie Zeit oder Wetter wählt der Gast jedoch selbst aus. Wer weiß schon, ob dieser für den aktuellen Moment oder für den morgigen Tag Inspiration sucht? Letztlich nur der Gast selbst.“
Es ist eben nicht alles, was mit Daten machbar ist, auch sinnvoll.
Kristine Honig
Realizing Progress
Kristine Honig ist Beraterin und Netzwerkpartnerin bei Realizing Progress (früher Tourismuszukunft). Sie berät und unterstützt touristische Unternehmen bei ihrer Strategie, beim Thema Storytelling und bei der Organisation von Barcamps.
Mehr zur Person unter: https://www.realizingprogress.com/kristine-honig